Studie zeigt: Vitamin B12 schützt nicht vor kognitiven Einbußen – Forscher empfehlen neue Ergänzungsmittel
Neue Studienergebnisse erschüttern die bisherige Sicht auf Vitamin B12: Höhere Werte allein reichen nicht aus, um kognitive Verschlechterung zu verhindern – es braucht mehr.
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Vitamin B12 ist unbestritten ein essenzieller Nährstoff, der für die Bildung von DNA, die Produktion roter Blutkörperchen und die Aufrechterhaltung des Nervensystems unerlässlich ist.
Jahrzehntelang galt es als ausreichend, lediglich die „normalen“ B12-Werte im Blut zu haben, um eine ausreichende kognitive Gesundheit zu gewährleisten.
Doch eine neue, wegweisende Studie aus den USA hat diese Annahme infrage gestellt. Sie zeigt, dass der „normale“ B12-Wert in älteren Erwachsenen keinesfalls vor kognitiven Beeinträchtigungen schützt.
Studie belegt: Niedriges B12 trotz „normaler“ Werte
In der Studie, die unter der Leitung von Dr. Ari J. Green an der UC San Francisco durchgeführt wurde, wurden 231 gesunde ältere Erwachsene ohne Demenz oder milde kognitive Beeinträchtigungen untersucht.
Die Ergebnisse waren alarmierend:
- Teilnehmer mit niedrigen B12-Werten, die jedoch noch als normal galten, wiesen eine signifikante Verlangsamung ihrer kognitiven Verarbeitungsgeschwindigkeit und visuelle Reaktionsverzögerungen auf.
- Darüber hinaus zeigten die MRI-Scans der Teilnehmer eine erhöhte Anzahl von Läsionen in der weißen Gehirnsubstanz – eine mögliche Vorstufe von kognitiven Einschränkungen oder sogar Schlaganfällen.
Diese Ergebnisse werfen die Frage auf, ob die heutigen Referenzwerte für einen „normalen“ B12-Spiegel tatsächlich ausreichen, um das Gehirn vor den schleichenden Schäden des Alters zu schützen.
Die Bedeutung der biologisch aktiven B12-Form: Holo-TC
Eine der entscheidenden Entdeckungen der Studie war die Rolle der biologisch aktiven Form von Vitamin B12, das an das Transportprotein Transcobalamin (Holo-TC) gebunden ist.
Niedrige Werte von Holo-TC könnten daher ein Frühindikator für kognitiven Verfall sein – weit bevor deutliche Symptome auftreten.
Es wird vermutet, dass Holo-TC im Körper die aktive Form von B12 zur Verfügung stellt, die für wichtige Prozesse im Gehirn und Nervensystem nötig ist. Daher sollte in künftigen Gesundheitsuntersuchungen neben dem Gesamt-B12-Spiegel auch die Messung von Holo-TC berücksichtigt werden, um ein besseres Bild von der tatsächlichen Verfügbarkeit des Vitamins im Körper zu erhalten.
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Neubewertung der B12-Referenzwerte und individuelle Gesundheitsvorsorge
Basierend auf den Ergebnissen dieser Studie empfehlen die Forscher eine Neubewertung der B12-Referenzwerte, die heute in den meisten Ländern als „normal“ gelten.
Ein bloßer B12-Wert im oberen Bereich des Normalwerts könnte nicht ausreichen, um das Gehirn vor den schädlichen Auswirkungen einer unzureichenden Versorgung zu schützen.
Diese Entdeckung könnte weitreichende Folgen für die medizinische Praxis haben, insbesondere in der Behandlung älterer Patienten.
Die Wissenschaftler schlagen vor, bei älteren Menschen mit neurologischen Symptomen auch dann Nahrungsergänzungsmittel zu verabreichen, wenn ihre B12-Werte im Blut innerhalb des als „normal“ geltenden Bereichs liegen. Denn die kognitive Leistungsfähigkeit ist oft bereits beeinträchtigt, bevor die „offiziellen“ Schwellenwerte für einen Mangel erreicht sind.
Vitamin B12 Levels Association with Functional and Structural Biomarkers of Central Nervous System Injury in Older Adults
— Sáfárné Hatrágyi Henrietta (@HatragyiSafarne) February 14, 2025
https://t.co/fV4EuGsjnd
Kognitive Gesundheit erfordert mehr als nur Vitamin B12
Es ist wichtig zu betonen, dass Vitamin B12 allein nicht der Schlüssel zu einer langfristig gesunden Gehirnfunktion ist. Neben B12 spielen auch andere Mikronährstoffe wie Folat, Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren eine wichtige Rolle für die kognitive Gesundheit.
Die Empfehlung, dass ältere Menschen mit Anzeichen von kognitiven Einschränkungen von einer Nahrungsergänzung profitieren könnten – auch wenn ihre B12-Werte normal erscheinen – stellt einen Paradigmenwechsel in der klinischen Praxis dar.
Hierbei geht es nicht nur darum, den B12-Spiegel zu korrigieren, sondern auch eine ganzheitliche, individuell zugeschnittene Gesundheitsstrategie zu entwickeln.
Quelle
Beaudry-Richard, A., Abdelhak, A., Green, A. J. et al. (2025). "Vitamin B12 and Cognitive Function in Older Adults: Rethinking Sufficiency." Annals of Neurology.