Sonnensteine von Bornholm: War ein Vulkanausbruch Grund für die geheimnisvollen Opfergaben?
Dänische Forscher haben die Sonnensteine von Bornholm untersucht und den Zusammenhang zu einem verheerenden Vulkanausbruch hergestellt. Die Steine sollen demnach vor 4900 Jahren geopfert worden sein – entweder zur Besänftigung der Götter oder aus Dankbarkeit für die erneute Ernte.
Vor 4900 Jahren wurden auf der dänischen Insel Bornholm Hunderte von kleinen, gravierten Schieferplatten geopfert – die sogenannten Sonnensteine. Archäologen gehen davon aus, dass die Artefakte als rituelle Opfergaben die Fruchtbarkeit der Felder sichern und die Rückkehr der Sonne nach einer Klimakrise erbitten sollten.
Ein Team von Forschenden der Universität Kopenhagen sowie des Dänischen Nationalmuseums konnte nun den Zusammenhang zwischen den rituellen Praktiken und einem großen Vulkanausbruch bestätigen.
Sonnensteine als Zeichen eines Sonnenkults
Die Sonnensteine sind nur auf Bornholm gefunden worden. Die eingravierten Muster zeigen häufig stilisierte Sonnen- und Feldmotive, die möglicherweise die Hoffnung auf gute Ernten symbolisierten.
– Rune Iversen, Archäologe von der Universität Kopenhagen.
Die Sonnensteine wurden in großen Mengen zusammen mit Tierknochen, Keramikgefäßen und Feuersteinobjekten in rituellen Gräben deponiert. Diese Opfergruben waren Teil einer befestigten Anlage, die nach der Opferung der Steine umgestaltet wurde. Anstelle der Gräben errichteten die Menschen Palisaden und kreisförmige Kulthäuser.
„Es ist anzunehmen, dass sich die neolithischen Menschen auf Bornholm durch das Opfern von Sonnensteinen vor einer weiteren Verschlechterung des Klimas schützen wollten – oder vielleicht wollten sie ihre Dankbarkeit zeigen, dass die Sonne wieder zurückgekehrt war“, mutmaßt Rune Iversen, Archäologe von der Universität Kopenhagen, der an den Ausgrabungen unter der Leitung des Bornholmer Museums und des Nationalmuseums beteiligt war.
Verbindung zwischen Naturkatastrophe und Ritual
Wissenschaftliche Analysen zeigen, dass um 2900 v. Chr. ein massiver Vulkanausbruch stattfand, der die Sonneneinstrahlung in Nordeuropa stark reduzierte. Diese Klimaveränderungen könnten die neolithische Gesellschaft von Bornholm existenziell bedroht haben. Der Sonnenkult, der sich in den Opfergaben widerspiegelt, war mit großer Wahrscheinlichkeit eine direkte Reaktion auf die Krise.
„Die Sonnensteine sind völlig einzigartig, auch im europäischen Kontext“, erklärt Lasse Vilien Sørensen, leitender Forscher am Dänischen Nationalmuseum und Mitautor der Forschungsarbeit. Die Steine seien ein seltenes Beispiel für eine frühe Form der Sonnenverehrung, die sich in ganz Skandinavien über Jahrtausende hinweg weiterentwickelt hätte.
Einzigartiges Erbe im europäischen Kontext
Die Sonnensteine stehen in einer langen Tradition der Sonnenverehrung, die auch in späteren Kulturen nachgewiesen werden kann. Parallelen finden sich in Henge-Bauten wie Stonehenge oder in skandinavischen Goldschätzen, die während der Klimakrise von 536 n. Chr. geopfert wurden. Ab dem 28. Januar sind vier der Sonnensteine im Dänischen Nationalmuseum in Kopenhagen zu sehen. „Es ist einfach eine unglaubliche Entdeckung, die zeigt, dass Opferdarlegungen zu Ehren der Sonne ein uraltes Phänomen sind“, so Sørensen.
Die geheimnisvollen Sonnensteine von Bornholm sind Zeugnis früher religiösen Praktiken und zeigen, wie neolithische Gesellschaften auf Umweltveränderungen reagierten. Ihre Entdeckung erlaubt Archäologen Einblick in das Denken und Handeln der Menschen vor fast 5000 Jahren.
Quellenhinweis:
Iversen, R., Nielsen, P. O., Sørensen, L. V., et al. (2025): Sun stones and the darkened sun: Neolithic miniature art from the island of Bornholm, Denmark. Antiquity, 1–17. https://doi.org/10.15184/aqy.2024.217