Satelliten und Landwirtschaft: Diese erstaunlichen Farben und Formen bringt der Mensch hervor – hätten Sie es gewusst?
Erdbeobachtungssatelliten liefern bereits seit Jahrzehnten beeindruckende Aufnahmen von der Erdoberfläche, unter anderem von landwirtschaftlichen Flächen. Oft wird erst aus der Weltraumperspektive klar, wie stark der Mensch das Erscheinungsbild der Erde prägt.
Das unaufhörliche Wachstum der Weltbevölkerung belastet die globalen Agrarsysteme. Das Land steht zunehmend unter Druck, die steigende Nachfrage an Nahrungsmitteln zu decken. Zudem wirkt sich der Klimawandel auf die Produktion aus. Indem sie systematische, nachhaltige und objektive Daten liefern, können Beobachtungen aus dem Weltraum maßgeblich zur Ernährungssicherheit beitragen.
Oft werden Landnutzung und Produktivität überwacht sowie Vegetations- und Feuchtigkeitsmessungen durchgeführt. Spezifische Messgrößen sind etwa der Blattflächenindex, der normalisierte differentielle Vegetationsindex (NDVI) oder die Bodenfeuchtigkeit.
Besondere „Formen“ der Landwirtschaft
Bei den Satellitenaufnahmen stechen einerseits Flächen hervor, die durch Kreiselbewässerung entstehen. Dabei handelt es sich um eine spezielle Bewässerungsmethode, die vor allem in trockenen Regionen eingesetzt wird, um das Land optimal zu bewässern. Dabei wird ein langes Rohr an einem zentralen Punkt im Feld befestigt. Das Rohr dreht sich um diesen Punkt und bewässert dabei die Pflanzen im Kreis. Da das Rohr eine feste Länge hat und sich dreht, entsteht automatisch ein kreisförmiges Feld.
In Ägypten etwa (Bild oben), das weitgehend Wüstenland ist, stellt der Nil seit Jahrhunderten die wichtigste Ressource des Landes dar. In den letzten Jahren wurde er genutzt, um neue landwirtschaftliche Flächen in geologischen Senken in der Sahara zu schaffen, wie etwa die Region Toshka. Hier werden Baumwolle, Gurken, Tomaten, Wassermelonen, Bananen, Weintrauben und Weizen auf kreisrunden Feldern angebaut.
Brasilien, insbesondere Regionen wie die um den Stausee Três Marias, nutzt diese Technik ebenfalls, häufig für den Anbau von Sojabohnen, Mais und anderen Feldfrüchten. Die runden Felder erleichtern auch die maschinelle Bearbeitung. – In gemäßigten Klimazonen werden hingegen durch ausreichend Niederschläge die gesamten Flächen bewässert.
Auch Gegenden, die den Reisanbau an terrassierten Hängen kultiviert haben, stechen optisch hervor. Die bekanntesten Reisanbaugebiete der Welt sind etwa die Banaue-Reisterrassen auf den Philippinen oder die Longji-Reisterrassen in der chinesischen Region Guangxi. Auch das Mekong-Delta in Vietnam ist ein bedeutendes Reisanbaugebiet, das durch das Mekong-Flussnetz bewässert wird.
Doch nicht nur in Asien wird Reis angebaut: In vielen Ländern der Welt werden Reisfelder, oft als Paddy Fields bezeichnet, bewirtschaftet, etwa in Regionen wie Südamerika, Afrika und den USA, hier allerdings auf ebenen Flächen, die ähnlich wie die Reisterrassen zeitweise geflutet werden. Im US-amerikanischen Rice Belt etwa – Arkansas, Louisiana, Mississippi und Texas – wurden im Jahr 2021 immerhin 73 Prozent der gesamten Reismenge der USA produziert.
Auch Satellitenaufnahmen der Tulpenfelder in den Niederlanden zeigen auffällige Muster, die durch die großflächige, strukturierte Bepflanzung entstehen. Jedes Jahr im Frühjahr werden die Felder mit Tulpen in verschiedenen Farben bepflanzt, die nach Sorten in parallelen Streifen angeordnet sind. Die Farbbänder lassen sich auf den Aufnahmen als klare, lineare Muster erkennen und machen die Felder zu einem markanten Element der niederländischen Landschaft.
Die Felder sind so angelegt, dass sie optimale Bedingungen für Anbau und Ernte bieten. Die differenzierten Flächen auf den Satellitenbildern liefern dabei wichtige Daten für Agrarforschung und Klimastudien.
Viele Satellitenbilder bilden die Daten zudem in Falschfarben ab. Falschfarben entstehen, wenn Sensoren Wellenlängenbereiche erfassen, die für das menschliche Auge unsichtbar sind, wie Infrarot- oder Ultraviolettlicht. Diese werden künstlich in sichtbare Farben umgewandelt.
Falschfarben werden beispielsweise bei der Vegetationsanalyse eingesetzt, weil man damit gesunde von gestresster oder kranker Vegetation besser unterscheiden kann. Gesunde Pflanzen reflektieren viel Nahinfrarotlicht und erscheinen auf Falschfarbenbildern oft in kräftigem Rot. Auch bei der Wasser- und Bodenanalyse können Gewässer oder feuchte Böden besser sichtbar gemacht werden.
Wie werden Daten anhand von Satellitenbildern erhoben?
Ein Beispiel für die Ermittlung von Daten ist die Berechnung des normalisierten differentiellen Vegetationsindex (NDVI). Dieser Index wird aus dem sichtbaren Licht (VIS) und nahinfraroten Licht (NIR) berechnet, das von der Vegetation reflektiert wird.
Eine gesunde, grüne Vegetation absorbiert das meiste sichtbare Licht und reflektiert einen großen Teil des nahen Infrarotlichts. Ungesunde oder spärliche Vegetation hingegen reflektiert mehr sichtbares Licht, aber weniger Nahinfrarotlicht. Der NDVI-Wert spiegelt nun in einem Bereich von –1 bis +1 die Gesundheit der Vegetation wider. Damit kann der Index ein nützliches Instrument sein, um die Ernteerträge und die Gesundheit der Weiden zu schätzen.
- –1: Da Wasser mehr sichtbares und infrarotes Licht absorbiert, als es reflektiert, werden negative Werte als Gewässer interpretiert.
- 0: Ein Wert von Null deutet darauf hin, dass es keine grüne Vegetation gibt, also karges Land, Felsen, Sand, Schnee oder städtische Umgebungen ohne nennenswerte Vegetation.
- +1: Ein positiver NDVI-Wert deutet auf eine höhere mögliche Dichte an grünen Blättern hin. Werte nahe +1 stehen in der Regel für dichtes grünes Laub.
Das zusammengesetzte Bild über den High Plains in Texas wurde durch die Kombination von drei separaten NDVI-Bildern der Copernicus Sentinel-2-Mission erstellt (vom 17. März bis zum 21. April 2019). Rot-, Gelb- und Grüntöne zeigen Veränderungen im Vegetationswachstum zu Beginn der Saison. Schwarze Flecken deuten auf eine sehr geringe Vegetation für die Saison hin, während weiße Flecken auf eine hohe Vegetationsrate während dieser Zeit hinweisen.
Auch das Copernicus Sentinel-2-Bild eines Gebiets im bolivianischen Departamento Santa Cruz zeigt eine solche Kombination dreier NDVI-Bilder. (Das erste Bild vom 8. April 2019 ist rot, das zweite vom 22. Juni 2019 grün und das dritte vom 5. September 2019 ist blau.) Hier sind Regionen abgebildet, bei denen ein Teil des tropischen Trockenwaldes für die landwirtschaftliche Nutzung gerodet wurde.
Das Flachland und die reichlichen Niederschläge machen die Region für die Landwirtschaft attraktiv, weswegen sich die Region seit den 1980er Jahren von einem dichten Wald in eine strukturierte landwirtschaftliche Fläche verwandelt hat. Diese Abholzungsmethode, die in diesem Teil Boliviens üblich ist, zeichnet sich durch die radialen Muster aus, die auf dem Bild deutlich zu sehen sind. Jedes gemusterte Feld ist etwa 20 km² groß.
In der Mitte jedes einzelnen Feldes auf dem Bild sind kleine Siedlungen zu sehen, in denen sich typischerweise eine Kirche, eine Schule und ein Fußballplatz befinden. Die Gemeinden sind durch ein Straßennetz (gerade Linien) verbunden, welche die radialen Felder halbieren und die angrenzenden Gebiete verbinden. Mäandernde Bäche und Flüsse fließen durch die Felder. Bei den langen, dünnen Landstreifen oben rechts im Bild handelt es sich wahrscheinlich um Sojafelder.
Welche Vorteile hat die Satellitenbeobachtung für die Landwirtschaft?
Satellitenbeobachtung bietet in der Landwirtschaft klare Vorteile, indem sie Bodeneigenschaften, Erntebedingungen und Bodenbearbeitung sichtbar macht. Die Daten helfen Forschern und Landwirten, Agrarflächen zu analysieren, Ernteprognosen zu erstellen und saisonale Veränderungen zu überwachen, wodurch sich die Landnutzung besser planen lässt.
Die zusätzlichen Daten helfen dabei, Dürreeffekte auf Anbau und Weiden zu erkennen sowie die Bodenqualität auf Übernutzung, Überweidung oder Bewässerungsfehler zu überprüfen. Mit landwirtschaftlichen Karten lassen sich zudem unabhängige Flächen- und Anbauschätzungen durchführen, auf deren Grundlage sich Ernährungssicherheitsstrategien in gefährdeten Regionen entwickeln lassen.