Klimawandel: Zwergflamingos in ostafrikanischen Natronseen zunehmend durch steigende Wasserspiegel gefährdet
In Folge des Klimawandels nimmt der Wasserspiegel der ostafrikanischen Natronseen unaufhörlich zu. Die Zusammensetzung der Gewässer verändert sich, die Menge der darin lebenden Mikroorganismen nimmt ab. Die dort beheimateten Zwergflamingos verlieren allmählich ihre Nahrungsgrundlage.
Etwa 2,5 Millionen Exemplare von den Zwergflamingos gibt es noch an den Natronseen des Ostafrikanischen Grabens. Jedes Jahr ziehen die Vögel an die Gewässer auf Nahrungs- und Partnersuche. Doch Klimawandel und Landnutzung bedrohen das einzigartige Naturschauspiel. Durch steigende Wasserspiegel verändert sich die hydrologische Zusammensetzung der Gewässer – die Vögel finden keine Nahrung mehr und wandern ab.
Die kleinste Flamingoart ist in den alkalischen Natronseen des Ostafrikanischen Grabens beheimatet und ernährt sich ausschließlich von Cyanobakterien, Kieselalgen und bisweilen anderen Planktonarten. Man erkennt die Tiere an einem schwarzen Schnabel und schwarzen Flügeln.
In einer britischen Studie wurden nun die Daten von 22 Natronseen untersucht, zwischen denen sich die Zwergflamingos nomadisch bewegen. Man vermutet, dass die Bewegungen eine Reaktion auf das jeweils unterschiedliche Wachstum von Cyanobakterienblüten sind.
Durch steigende Wasserspiegel weniger Nahrungsvorkommen
Sodaseen wie die in Kenia, Tansania, Äthiopien mit ihrem alkalisch-salzhaltigen Wasser sind überaus produktive aquatische Ökosysteme, die vielfältige Phytoplanktonarten beheimaten. Die Zwergflamingos sind in ihrer Ernährung hochspezialisiert und fressen vor allem Cyanobakterien und Kieselalgen in den Natronseen.
In einer jüngst in der Zeitschrift Current Biology veröffentlichten Studie werteten Aidan Byrne und sein Team vom King's College in London die Daten mehrerer Jahrzehnte von den 22 wichtigsten Brutstätten der Zwergflamingos aus. Die Wissenschaftler ermittelten, wie sich der Anstieg der Gewässer auf die bedeutendsten Nahrungsquellen der Vögel auswirkt.
Dafür wurden die Daten von Erdbeobachtungssatelliten analysiert, etwa zu Veränderungen der Gewässerqualität, zu verfügbaren Habitaten und zum Klimawandel. Diese wurden mit Beobachtungen der Häufigkeit von Zwergflamingos kombiniert, wodurch die Forscher räumliche und zeitliche Trends bei Produktivität und Gesundheit der Ökosysteme feststellen konnten.
Natronseen haben extreme Salzkonzentrationen und sind stark alkalisch. Nur wenige Organismen wie Kieselalgen und aquatische Wirbellose leben in ihnen. Durch den Anstieg der Wassermengen in ihnen wurde allerdings der Salzgehalt verringert, was sich auch bei den Planktonmengen niederschlägt.
Beispielsweise dehnte sich die Fläche des Nakuru-Sees zwischen 2009 und 2022 um über 90 Prozent aus, derweilen der Planktongehalt sich halbierte. Ebenfalls davon betroffen waren auch der Bogoria-, Nakuru- und Elmenteita-See in Kenia sowie einige Gewässer in Tansania.
Zwergflamingos verändern regelmäßig ihre Nistplätze je nach Nahrungsangebot. Die Wissenschaftler stellen jedoch zusätzlich einen allgemeinen Rückgang der Populationen fest, was auf generell schlechtere Lebensbedingungen schließen lässt.
Die rückläufigen Zahlen an Zwergflamingos lassen sich also auf die hochspezialisierte Ernährung mit Cyanobakterien und die Abhängigkeit von den wenigen Natronseen zurückführen, die wiederum selbst hochempfindlich auf den Klimawandel reagieren.
Die Studienergebnisse weisen auf die zunehmende Anfälligkeit der Artenvielfalt an den Sodaseen in Ostafrika hin, insbesondere durch die zunehmenden Regenfälle im Zuge des Klimawandels.
Ein verbessertes Seemonitoring könnte Aufschluss über die sich verändernden Sodasee-Ökosysteme und ihre Umwelttoleranz geben, so die Forscher.
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Quelle:
Byrne A., Tebbs E. J., Njoroge P., Nkwabi A., Chadwick M. A., Freeman R., Harper D., Norris K.: Productivity declines threaten East African soda lakes and the iconic Lesser Flamingo. Curr Biol. 2024 Apr 3:S0960-9822(24)00302-6. doi: 10.1016/j.cub.2024.03.006.