FLAMINGO: Diese Simulationen zeigen, wie das Universum mit seinen Galaxien und Galaxienhaufen entstanden ist

Die FLAMINGO-Simulation ist die größte Computersimulation aller Zeiten. Sie zeigt, wie sich dunkle Materie, gewöhnliche Materie und dunkle Energie im Laufe der Zeit zu Galaxien und Galaxienhaufen entwickelten und erlaubt daher Rückschlüsse auf die Entstehung des Kosmos.

Dunkle Materie und Neutrinos
Eine Projektion durch einen 40 Mpc dicken Schnitt. Die Helligkeit des Hintergrundbildes gibt die Oberflächendichte der dunklen Materie an, während die Farbe die Oberflächendichte der massiven Neutrinos darstellt. Bild: Schaye et al. 2023, aus Abbildung 1.
Lisa Seyde
Lisa Seyde Meteored Deutschland 5 min

Forscher aus den Niederlanden haben mithilfe eines Supercomputers die bis dato größte Simulation des Kosmos erstellt. Die Simulation zeigt, wie aus dunkler Materie, gewöhnlicher Materie und Neutrinos Galaxien und Galaxienhaufen entstanden sein könnten.

FLAMINGO ist ein Projekt der Universität Leiden. Das Akronym steht für Full-hydro Large-scale structure simulations with All-sky Mapping for the Interpretation of Next Generation Observations. Bei dem Projekt geht es um großangelegte Struktursimulationen des Universums.

FLAMINGO interpretiert die gesammelten Daten von Weltraumteleskopen und Observatorien und simuliert auf der Grundlage gängiger Theorien die Vorgänge im Universum. Solche Simulationen sind deswegen wichtig, weil sie tatsächliche Informationen und Daten mit den Prognosen aus wissenschaftlichen Theorien abgleichen.

Wie die Simulationen erstellt wurden

Bei den Computersimulationen verfolgten die Forscher die Strukturbildung in dunkler Materie, gewöhnlicher Materie und Neutrinos. Roi Kugel, Doktorand der Universität Leiden, erklärt, dass der Effekt der galaktischen Winde mithilfe von maschinellem Lernen erstellt wurde. Dabei wurden die Vorhersagen vieler verschiedener Simulationen von kleinen Volumina mit den beobachteten Massen von Galaxien und der Verteilung von Gas in Galaxienhaufen verglichen.

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Die Forscher simulierten das Modell mit einem Supercomputer in verschiedenen kosmischen Volumina und bei unterschiedlichen Auflösungen. Darüber hinaus variierten sie die Parameter des Modells, einschließlich der Stärke der galaktischen Winde, der Masse der Neutrinos und der kosmologischen Parameter in Simulationen mit etwas kleineren, aber immer noch großen Volumina.

Die Simulationen erforderten mehr als 50 Millionen CPU-Stunden an Rechenleistung und produzierten über 1 Petabyte an Daten.

300 Milliarden Auflösungselemente werden in der größten Simulation verwendet, einem Würfel mit Kanten von zehn Milliarden Lichtjahren. (Ein Auflösungselement entspricht der Masse einer kleinen Galaxie.) Dies ist die größte kosmologische Computersimulation mit gewöhnlicher Materie, die jemals durchgeführt wurde.

Was macht das Modell besonders?

Die meisten kosmologischen Computersimulationen unseres Universums konzentrierten sich bisher auf die Modellierung der dunklen Materie, da diese den Hauptbestandteil der Materie ausmacht. Die normale, baryonische Materie macht zwar nur 15 Prozent der gesamten Masse im Universum aus, kann jedoch einen großen Einfluss darauf haben, wie die kosmische Materie auf kleinen Distanzen verteilt ist.

Simulationen, die auch gewöhnliche, baryonische Materie berücksichtigen, sind wesentlich anspruchsvoller und erfordern eine viel höhere Rechenleistung.

„Obwohl die dunkle Materie die Gravitation dominiert, kann der Beitrag der gewöhnlichen Materie nicht mehr vernachlässigt werden “, sagt Forschungsleiter Joop Schaye der Universität Leiden, „denn er könnte den Abweichungen zwischen den Modellen und den Beobachtungen ähnlich sein.“

Die ersten Ergebnisse würden zeigen, dass sowohl Neutrinos als auch gewöhnliche Materie für genaue Vorhersagen unerlässlich sind. „Aber sie beseitigen nicht die Spannungen zwischen den verschiedenen kosmologischen Beobachtungen“, so Schaye. Beispielsweise können galaktische Winde, die von supermassereichen Schwarzen Löchern und Supernova-Explosionen angetrieben werden, das Wachstum von Galaxien verzögern.

FLAMINGO-Simulationen
Eine Projektion durch einen 40 Mpc dicken Schnitt. Hintergrundbild mit Oberflächendichte der dunklen Materie und Oberflächendichte der Neutrinos. Drei aufeinanderfolgende Zooms: die massengewichtete Gastemperatur entlang der Sichtlinie, die Oberflächendichte der dunklen Materie und die Röntgenoberflächenhelligkeit. Bild: Schaye et al. 2023, Abbildung 1.

Die aus den Simulationen gewonnenen Erkenntnisse könnten darauf hindeuten, dass unser Standardmodell der Kosmologie infrage gestellt werden muss. Denn wenn Fehler in der Analyse ausgeschlossen werden können, könnte es sein, dass die Physik neue Erklärungen liefern muss. Die FLAMINGO-Simulationen sind ein bedeutender Fortschritt in der kosmologischen Forschung und könnten grundlegende Unstimmigkeiten im aktuellen Verständnis des Universums klären.

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Quellen:

Joop Schaye et al. (2023): The FLAMINGO project: cosmological hydrodynamical simulations for large-scale structure and galaxy cluster surveys, in: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society (MNRAS), 526, 4, 4978–5020. https://doi.org/10.48550/arXiv.2306.04024