Erstmals 74 Exokometengürtel kartiert: Bahnbrechende Studie liefert neue Erkenntnisse zur Planetenentstehung

Exokometengürtel sind ausgedehnte Regionen um Sterne, in denen zahlreiche eisige Kleinkörper existieren. Ihre Untersuchung liefert wichtige Erkenntnisse über die Entstehung und Entwicklung von Planetensystemen. Mithilfe präziser Radioteleskop-Beobachtungen konnten nun 74 dieser Strukturen detailliert kartiert werden.

Auszug Gesamtdarstellung von 74 Gürteln
Millimeter-Kontinuum-Bilder für die REASONS-Probe von 74 Gürteln. Bild: Matrà et al., 2025
Lisa Seyde
Lisa Seyde Meteored Deutschland 5 min

Exokometengürtel sind Regionen um Sterne – außerhalb unseres Sonnensystems –, in denen sich viele Kometen befinden, ähnlich wie der Kuipergürtel oder die Oortsche Wolke in unserem Planetensystem. Wenn die Kometen verdampfen oder zerbrechen, können sie charakteristische Signaturen hinterlassen, die Astronomen durch Infrarotstrahlung oder Spektralanalysen erkennen. Die Untersuchung von Exokometengürteln hilft Wissenschaftlern, die Entstehung und Entwicklung von Planetensystemen besser zu verstehen.

„Exokometen sind Felsbrocken aus Gestein und Eis, die mindestens 1 km groß sind und in diesen Gürteln aufeinanderprallen, um die Partikel zu erzeugen, die wir hier mit den ALMA- und SMA-Teleskoparrays beobachten. Exokometengürtel finden sich in mindestens 20 % der Planetensysteme, einschließlich unseres eigenen Sonnensystems.“
– Luca Matrà, außerordentlicher Professor an der Trinity's School of Physics.

Ein internationales Forscherteam unter Leitung des Trinity College Dublin hat nun in einer bahnbrechenden Studie erstmals eine umfassende Kartierung von 74 Exokometengürteln vorgenommen. Das Programm REASONS (REsolved ALMA and SMA Observations of Nearby Stars) untersucht nahe Sterne, um kalte Scheiben, Planetenentstehung und interstellaren Staub zu analysieren.

Erkenntnisse zu Lage und Wassergehalt

Mithilfe hochmoderner Radioteleskope konnten die Wissenschaftler die Struktur der Phänomene detailliert abbilden. Die Studienergebnisse, die in der Fachzeitschrift Astronomy and Astrophysics veröffentlicht wurden, liefern wichtige Erkenntnisse über die Entwicklung von Planetensystemen sowie die Verteilung eisiger Kleinkörper im All.

Die Untersuchung zeigt, dass Exokometengürtel sich in einem Abstand von zehn bis hundert Astronomischen Einheiten (AE) um ihre Zentralsterne befinden. Diese Regionen sind extrem kalt, mit Temperaturen zwischen –250 und –150 Grad Celsius. In dieser Umgebung sind zahlreiche chemische Verbindungen, darunter Wasser, in gefrorenem Zustand erhalten geblieben, was besonders für die Astrobiologie interessant sein könnte.

Die Aufnahmen der Exokometengürtel wurden mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile und dem Submillimeter Array (SMA) auf Hawaii angefertigt. Beide Teleskopsysteme sind darauf spezialisiert, Strahlung im Millimeter- und Submillimeterbereich zu erfassen. Durch die kombinierte Nutzung dieser Instrumente konnten die Wissenschaftler eine bislang unerreichte Detailtiefe bei der Analyse der Gürtelstrukturen erreichen.

Beschaffenheit der Exokometengürtel

Die Beobachtungen zeigen eine große Vielfalt in der Struktur der Exokometengürtel. „Einige sind schmale Ringe, wie im kanonischen Bild eines ‚Gürtels‘ wie der Edgeworth-Kuiper-Gürtel unseres Sonnensystems. Aber eine größere Anzahl von ihnen ist breit und lässt sich wahrscheinlich besser als ‚Scheiben‘ statt als Ringe beschreiben“, ergänzt Dr. Sebastián Marino, Forscher an der University of Exeter und Mitautor dieser Studie.

Einzeldarstellung Gürtel
Von links: SMA-Bild, bestangepasstes Modellbild des Gürtels in voller Auflösung, Restbild nach Abzug der bestangepassten Sichtbarkeiten und mathematische Darstellung der Messdaten. Bild: Matrà et al., 2025

Eine zentrale Erkenntnis der REASONS-Studie ist der Zusammenhang zwischen dem Alter eines Planetensystems und der Anzahl der vorhandenen Partikel im Gürtel. „Es wurde bestätigt, dass die Anzahl der Gesteinsbrocken in älteren Planetensystemen abnimmt, da den Gürteln größere Exomete fehlen, die aufeinanderprallen“, so Luca Matrà, außerordentlicher Professor an der Trinity's School of Physics und Hauptautor der Studie.

Zum ersten Mal wurde jedoch gezeigt, dass dieser Rückgang der Partikel schneller erfolgt, wenn der Gürtel näher am Zentralstern liegt.

Indirekt konnte auch nachgewiesen werden, dass durch die vertikale Ausdehnung der Gürtel wahrscheinlich auch nicht beobachtbare Objekte mit einer Größe von 140 km bis zur Größe des Mondes vorhanden sein müssen, so Matrà.

Künftige Studien könnten mithilfe modernster Teleskope wie dem James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) oder den kommenden Extremely Large Telescopes (ELTs) noch detailliertere Einblicke liefern. Besonders das bevorstehende ALMA-Programm ARKS verspricht weitere Forschungserfolge. Die jetzt gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für ein tieferes Verständnis der Ursprünge und Entwicklungen von Planetensystemen in der gesamten Galaxie.

Quellenhinweis:


Matrà, L., Marino, S., Wilner, D. J., Kennedy, G. M., Booth, M., Krivov, A. V., ... & MacGregor, M. (2025): REsolved ALMA and SMA Observations of Nearby Stars (REASONS). A population of 74 resolved planetesimal belts at millimetre wavelengths. Astronomy & Astrophysics, 693, A151. https://doi.org/10.1051/0004-6361/202451397