Eine weitere Veränderung wurde an der kochenden Oberfläche von Betelgeuse festgestellt
Beteigeuze hat in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit erregt, nicht nur, weil Schwankungen in seiner Helligkeit zu Spekulationen geführt haben, dass eine Explosion bevorstehen könnte, sondern auch, weil Beobachtungen darauf hindeuten, dass er viel schneller rotiert als erwartet.
Diese letzte Interpretation, dass Betelgeuse schneller läuft als erwartet, wird nun von einem internationalen Team unter der Leitung von Astronomen des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in Frage gestellt, das vorschlägt, dass die kochende Oberfläche von Betelgeuse selbst in den modernsten Teleskopen mit einer Rotation verwechselt werden kann. Andere Astronomen arbeiten aktiv an der Analyse neuer Beobachtungsdaten, um diese Hypothesen zu überprüfen.
Als einer der hellsten Sterne der nördlichen Hemisphäre kann Betelgeuse leicht mit bloßem Auge im Sternbild Orion gefunden werden. Er ist einer der größten bekannten Sterne.
Mit einem Durchmesser von mehr als einer Milliarde km ist er fast 1000 Mal größer als die Sonne. Wäre er in unserem Sonnensystem, hätte er die Erde mit einer Atmosphäre verschluckt, die bis zum Jupiter reichen würde.
Ein so großer Stern sollte nicht so schnell rotieren
In ihrer Entwicklung dehnen sich die meisten Sterne aus und rotieren nach unten, um den Drehimpuls zu erhalten. Jüngste Beobachtungen deuten jedoch darauf hin, dass Betelgeuse sehr schnell rotiert (mit 5 km/s), zwei Größenordnungen schneller als ein entwickelter Stern rotieren sollte.
Der prominenteste Beweis für die Rotation von Betelgeuse stammt vom Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA). Die 66 Antennen von ALMA arbeiten zusammen, als wären sie ein einziges riesiges Teleskop.
Dabei kommt eine Technik zum Einsatz, die als Interferometrie bekannt ist. Dabei fangen zwei oder mehr Antennen ein Signal aus dem Universum auf und analysieren es mit vereinten Kräften, um Informationen über seine Emissionsquelle zu erhalten.
Trotz der ALMA-Techniken ist es immer noch schwierig, klar zu verstehen, was auf der Oberfläche von Betelgeuse vor sich geht.
Mit dieser Technik entdeckten Astronomen eine dipolare Radialgeschwindigkeitskarte in der äußeren Schicht von Beteigeuze: die eine Hälfte des Sterns scheint sich uns zu nähern und die andere Hälfte scheint sich zu entfernen.
Diese Beobachtung und frühere Studien führten zu der Deutung, dass Betelgeuse schnell rotiert. Diese Interpretation wäre klar gewesen, wenn Betelgeuse eine perfekt runde Kugel gewesen wäre.
Die Oberfläche von Betelgeuse ist jedoch eine lebendige Welt, die von einem physikalischen Prozess namens Konvektion bestimmt wird. Wir können Konvektion in unserem täglichen Leben beobachten, wenn wir Wasser kochen, aber in Betelgeuse ist dieser Prozess viel heftiger: Kochende Blasen können so groß sein wie die Umlaufbahn der Erde um die Sonne und einen großen Teil der Betelgeuse-Oberfläche bedecken. Sie bewegen sich mit einer Geschwindigkeit von bis zu 30 km/s auf und ab, schneller als jedes bemannte Raumschiff.
Die kochende Oberfläche von Betelgeuse ahmt die Rotation nach
Auf der Grundlage dieses physikalischen Rahmens bietet ein internationales Team unter der Leitung von Jing-Ze Ma, Doktorand am Max-Planck-Institut für Astrophysik, nun eine alternative Erklärung für die dipolare Geschwindigkeitskarte von Betelgeuse: Die kochende Oberfläche von Betelgeuse ahmt die Rotation nach.
Eine Gruppe von kochenden Blasen steigt auf der einen Seite des Sterns auf und eine andere Gruppe von Blasen sinkt auf der anderen Seite. Aufgrund der begrenzten Auflösung des ALMA-Teleskops würden diese konvektiven Bewegungen in realen Beobachtungen verschwimmen, was zu einer dipolaren Geschwindigkeitskarte führen würde.
Das Team entwickelte ein neues Nachbearbeitungspaket, um synthetische ALMA-Bilder und submillimetrische Spektren aus ihren hydrodynamischen 3D-Simulationen roter Überriesensterne ohne Rotation zu erzeugen.
In 90 % der Simulationen würde der Stern als mit mehreren km/s rotierend interpretiert werden, einfach aufgrund großräumiger Siedebewegungen auf der Oberfläche, die im ALMA-Teleskop nicht deutlich zu sehen sind.
Um die schnelle Rotation von Betelgeuse besser einschätzen zu können, sind weitere Beobachtungen erforderlich, und das Team hat Vorhersagen für zukünftige Beobachtungen mit höherer räumlicher Auflösung gemacht. Glücklicherweise haben andere Astronomen bereits Beobachtungen mit höherer Auflösung von Betelgeuse im Jahr 2022 gemacht. Die neuen Daten werden derzeit analysiert, was die Vorhersagen auf die Probe stellen und dazu beitragen wird, die Betelgeuse-Maske zu enträtseln.
Quellenhinweis:
Ma J., Chiavassa A., Mink S., et al. Is Betelgeuse Really Rotating? Synthetic ALMA Observations of Large-scale Convection in 3D Simulations of Red Supergiants. The Astrophysical Journal Letters (2024).