Schweizer Wissenschaftler untersuchen, wie CO₂ in der Schweiz unterirdisch gespeichert werden kann
Forscher in der Schweiz wollen herausfinden, ob es in ihrem Land Gebiete gibt, in denen das starke Treibhausgas CO₂ dauerhaft unterirdisch gespeichert werden kann, und seine Umweltauswirkungen analysieren.

Um ihr Ziel von netto null Kohlendioxid-Emissionen bis 2050 zu erreichen, muss die Schweiz die Energiewende vorantreiben, sei es bei Strom, Wärme oder Mobilität. Die dauerhafte Speicherung von CO₂ ist eine weitere grosse Herausforderung. Insbesondere für Emissionen, die sich nicht oder nur schwer vermeiden lassen, wie zum Beispiel jene aus Müllverbrennungsanlagen, muss die Schweiz eine dauerhafte Lösung finden.
Forschende der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) haben erstmals in einer Studie untersucht , ob CO₂ in der Schweiz dauerhaft in Form von Karbonatgestein im Untergrund gespeichert werden kann und welche Kriterien dafür erfüllt sein müssen. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Swiss Journal of Geosciences veröffentlicht.
Wie Gestein zur Speicherung von CO₂ genutzt werden kann
Zunächst wollen die ETH-Forscher herausfinden, ob es in der Schweiz Gebiete gibt, in denen CO₂ dauerhaft im felsigen Untergrund gespeichert werden kann. Damit CO₂ dauerhaft im Untergrund gespeichert werden kann, muss das Gestein reich an Kalzium, Magnesium und Eisen sein und gleichzeitig möglichst wenig Siliziumdioxid enthalten. Mögliche Kandidaten sind Basalt, Peridotit und Serpentinit.

Für eine optimale Speicherkapazität muss das unterirdische Gestein ein bestimmtes Volumen haben und sich in einer Tiefe von mindestens 350 Metern befinden, damit der Druck hoch genug ist, um das CO₂ im Wasser zu halten. Eine optimale Temperatur zwischen 90 °C und 185 °C sowie das Alter, der Alterungszustand, die Porosität und die Durchlässigkeit des Gesteins spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. "Dies sind einige der Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit ein Gebiet als Reservoir gelten kann", sagt Adrian Martin, dessen Masterarbeit die Grundlage für diese Studie bildet.
Martin hat seine Arbeit am Zentrum für Energiewissenschaften der ETH Zürich unter der Leitung von Marco Mazzotti, emeritierter Professor für Verfahrenstechnik, erweitert. Um CO₂ im Untergrund zu speichern, wird es in Wasser gelöst und in Form von Kohlensäure in den Untergrund gepumpt. Das verwendete Wasser ist zunächst sauer, d. h. hat einen niedrigen pH-Wert. Es dringt in poröses Gestein ein und löst es auf, wobei Eisen-, Magnesium- und Kalziumionen freigesetzt werden.
Dadurch steigt der pH-Wert des eingeleiteten Wassers an, und an einem bestimmten Punkt kommt es zu einer Umkehrreaktion: CO₂ verbindet sich mit Kalzium und Magnesium und bildet ein weißes Karbonatgestein, zum Beispiel Kalkstein. "Dieser Prozess wird als In-situ-Mineralisierung bezeichnet", erklärt Martin.
Das Potenzial wird erkannt, aber seine Realisierbarkeit ist fraglich
Unterstützt wurde die Studie auch von Thanushika Gunatilake, einer außerordentlichen Professorin an der Freien Universität Amsterdam, die betont, dass diese landesweite Suche nach geeigneten Gesteinsarten die erste ihrer Art in der Schweiz ist. Martin hat nicht nur zahlreiche wissenschaftliche Studien ausgewertet, sondern auch flächendeckend geologische Karten untersucht und Standorte identifiziert, die den Kriterien entsprechen und somit für eine In-situ-CO₂-Mineralisierung geeignet sein könnten .
Zu diesen Gebieten gehören das Zermatt-Saas-Gebiet und das Tsaté-Gebiet im Wallis sowie das Arosa-Gebiet in Graubünden. Die von Martin identifizierten Gebiete sind derzeit nicht für die dauerhafte unterirdische Speicherung von CO₂ geeignet. "Obwohl wir in der Schweiz über geeignete Gesteinsarten verfügen, stehen wir vor großen technischen Herausforderungen", sagt Martin. Die geologische Struktur ist aufgrund der stark gefalteten Gesteinsschichten und tektonischen Verwerfungen sehr komplex. Im Tsaté-Gebiet im Wallis können die geeigneten Gesteinsschichten in Gebieten wie zwischen Gouille und Mont des Ritses mehr als 500 Meter dick sein, während sie in Les Diablons nur etwa 150 Meter dick sind.
Andere Faktoren verschärfen das Problem: Die Gesteine im Gebiet Zermatt-Saas beispielsweise wurden in der Vergangenheit durch hohe Drücke und Temperaturen umgewandelt und enthalten heute bereits viele Karbonatminerale, was darauf hindeutet, dass eine natürliche CO₂-Aufnahme (d. h. eine vorherige Mineralisierung) bereits stattgefunden hat. Außerdem liegen die Gesteine in Zermatt unterirdisch sehr dicht beieinander und enthalten nur wenige offene Hohlräume oder Risse, in die CO₂ eindringen kann. Zudem ist die für die In-situ-Mineralisierung benötigte Wassermenge enorm: Um eine Tonne CO₂ zu speichern, wären rund 25 Tonnen Wasser notwendig.
Martin fügt hinzu: "Es gibt auch wirtschaftliche und soziale Hürden: Wer wird die Kosten tragen? Wie überwindet man die Skepsis der Anwohner, die z.B. um die Wasserverschmutzung besorgt sind? Was wären die rechtlichen Standards?"
Alternative Methoden der CO₂-Speicherung
Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass eine dauerhafte CO₂-Speicherung durch In-situ-Mineralisierung in der Schweiz kurzfristig nicht machbar ist und langfristig ungeeignet erscheint, weshalb sie empfehlen, alternative Speichermethoden zu untersuchen. Gunatilake hat kürzlich eine weitere Studie in der Zeitschrift Carbon Capture Science & Technology veröffentlicht, die sich diesmal mit der CO₂-Speicherung in salinen Aquiferen beschäftigt. Für dieses Projekt analysierten die Forscher mithilfe numerischer Simulationen Daten aus dem Gebiet um Triemli in Zürich. CO₂ wurde erfolgreich in die untere geologische Einheit Muschelkalk in über 2.000 Metern Tiefe ohne Wasser injiziert.
"Diese Methode der CO₂-Speicherung ist vielversprechend", betont Gunatilake. Es gibt auch Projekte, die die dauerhafte CO₂-Speicherung im Untergrund erfolgreich demonstrieren. "Ein Beispiel ist das Projekt DemoUpCARMA, bei dem CO₂ von der Schweiz nach Island transportiert wurde, wo es nun in Form von Karbonatgestein unterirdisch gespeichert ist", sagt Martin. Es ist wichtig, die Öffentlichkeit für dieses Problem zu sensibilisieren und mit Mythen und Gerüchten aufzuräumen.
"Viele Menschen denken, dass wir eine unterirdische Blase schaffen und dass diese irgendwann platzen könnte", erklärt Martin. "Aber das Risiko für die Bevölkerung durch die unterirdische CO₂-Speicherung ist minimal und die Methoden sind wissenschaftlich erwiesen".
Quellenhinweis:
Adrian Martin et al, Potential and challenges of underground CO₂ storage via in-situ mineralization in Switzerland, Swiss Journal of Geosciences (2025). DOI: 10.1186/s00015-024-00473-4
Thanushika Gunatilake et al, Quantitative modeling and assessment of CO₂ storage in saline aquifers: A case study in Switzerland, Carbon Capture Science & Technology (2025). DOI: 10.1016/j.ccst.2024.100360