Geowissenschaftler erforschen den plötzlichen Kälteeinbruch in Mitteleuropa vor 13.000 Jahren - was ist passiert?

Vor 13.000 Jahren gab es in Mitteleuropa eine extreme Kälteperiode, die Wissenschaftler in Klimaaufzeichnungen nachgewiesen haben und die nachweislich 150 Jahre früher als bisher angenommen stattfand.

Beeindruckendes Bild des Vulkans Sarychev (Kurilen, nordöstlich von Japan) in einer frühen Phase des Ausbruchs, nur zur Illustration. NASA
Beeindruckendes Bild des Vulkans Sarychev (Kurilen, nordöstlich von Japan) in einer frühen Phase des Ausbruchs, nur zur Illustration. NASA

Der Abgleich von Daten aus zwei natürlichen Klimaarchiven - einem Speläothem aus der Herbst-Labyrinth-Höhle in Hessen (Deutschland) und Eisbohrkernen aus Grönland - liefert neue Erkenntnisse über die Chronologie abrupter Klimaänderungen inMitteleuropa.

Demnach fand der verheerende Ausbruch des Laacher See-Vulkans im heutigen Rheinland-Pfalz früher statt als bisher angenommen und kann somit nicht der Auslöser für die plötzliche Kaltzeit vor rund 13.000 Jahren gewesen sein. Eine Studie von Geowissenschaftlern der Universität Heidelberg und der Universität Mainz, die jetzt in Science Advances veröffentlicht wurde, bestätigt diesen Befund. Das Forscherteam hat nicht nur den Vulkanausbruch genau datiert, sondern auch seine Auswirkungen auf das Klima abgeschätzt.

Lagekarte des Laacher See-Vulkans und Tephra-Dickenkontur, nach Bogaard & Schmincke (1984).
Lagekarte des Vulkans Laacher See und Tephra-Mächtigkeitskontur, nach Bogaard & Schmincke (1984).

Der Ausbruch des Vulkans Laacher See und seine Auswirkungen auf das Klima

Der jüngste Ausbruch des Laacher See-Vulkans gilt als eines der verheerendsten Ereignisse der letzten zwei Millionen Jahre, dessen Auswirkungen bis nach Norditalien, Skandinavien und Russland reichten. Der genaue Zeitpunkt des Ausbruchs und die Frage, ob er in direktem Zusammenhang mit einer plötzlichen Kaltzeit, der so genannten Jüngeren Dryas, steht, ist seit langem Gegenstand wissenschaftlicher Debatten.

Im Jahr 2021 wurde eine neue zeitliche Einordnung anhand der Radiokohlenstoffdatierung von Baumstämmen vorgenommen. Die Ergebnisse legen nahe, dass der Vulkanausbruch 150 Jahre früher stattgefunden haben muss als bisher angenommen. Das Forscherteam aus Heidelberg und Mainz konnte dieses neue Datum anhand eines Speläothems aus der Herbstlabyrinth-Höhle in Breitscheid, Hessen, bestätigen.

Standort der Probe und Überblick. Quelle: Science Advances (2025). DOI: 10.1126/sciadv.adt4057
Standort der Probe und Überblick. Quelle: Science Advances (2025). DOI: 10.1126/sciadv.adt4057

Da ein Vulkanausbruch mit hohen Schwefelemissionen verbunden ist, müsste dieses vulkanische Signal auch im Speläothem vorhanden sein. "Hochauflösende Messungen von Schwefel- und Sauerstoffisotopen mit der Ionensonde in Heidelberg waren für diese Bestimmung entscheidend", erklärt Prof. Dr. Axel Schmitt, Forscher an der Curtin University in Perth (Australien) und Honorarprofessor an der Universität Heidelberg.

Mit der Ionensonde ist es möglich, verschiedene Verhältnisse von Isotopen und Spurenelementen im Mikrometerbereich zu messen. Die geochemischen Daten konnten mit einem bisher nicht zugeordneten Sulfatpeak in den grönländischen Eisbohrkernen abgeglichen werden. Die statistischen Analysen wurden unter der Leitung von Prof. Dr. Denis Scholz durchgeführt, einem Experten für die Altersbestimmung historischer Klimaschwankungen am Institut für Geowissenschaften der Universität Mainz.

Die Forschung war Teil des Verbundprojekts "Terrestrial Magmatic Systems" (TeMaS), das gemeinsam von der Universität Heidelberg, der Goethe-Universität Frankfurt (Main) und der Universität Mainz durchgeführt wird. "Diese Synchronisation stellt einen großen Durchbruch für die Datierung von Klima- und Umweltarchiven dar, da bisher kein absolut datierter Zeitmarker vor der Abkühlung der Jüngeren Dryas bekannt war", sagt Dr. Sophie Warken, die an den Instituten für Geowissenschaften und Umweltphysik der Universität Heidelberg die Klimaveränderungen der letzten Jahrtausende erforscht.

Neue Altersbestimmung über den Ausbruch

Laut Dr. Warken zeigt die neue Altersbestimmung, dass der Ausbruch etwa 150 Jahre vor der Kaltzeit der Jüngeren Dryas stattfand. "Dies schließt einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Vulkanausbruch und dem abrupten Klimawandel aus", erklärt der Heidelberger Forscher und Erstautor der Studie.

Der Vulkanausbruch steht im Zusammenhang mit dem plötzlichen Klimawandel.

Die Identifizierung der Sulfatspitzen in den grönländischen Eiskernen ermöglichte es dem Forscherteam, Rückschlüsse auf die klimatischen Ereignisse zu Beginn der Jüngeren Dryas zu ziehen. Bislang war nicht bekannt, ob die mit dieser rund 1.000-jährigen Kälteperiode verbundenen klimatischen Veränderungen gleichzeitig im nordatlantischen Raum und in Europa auftraten oder ob sie sich über mehrere Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte von Grönland nach Mitteleuropa ausbreiteten.

"Unsere Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass ein signifikanter Temperaturabfall gleichzeitig stattfand, was darauf hindeutet, dass das mitteleuropäische und das arktische Klima direkt miteinander verbunden waren", erklärt Dr. Warken.

Der Geowissenschaftler fügt hinzu, dass die Forschungsergebnisse neue Perspektiven für das Verständnis der komplexen klimatischen Zusammenhänge der Vergangenheit eröffnen und eine solide Grundlage für genauere Vorhersagen über die Entwicklung des Klimas in der Zukunft bilden.

Quellenhinweis

Sophie F. Warken et al, Discovery of Laacher See eruption in speleothem record synchronizes Greenland and central European Late Glacial climate change, Science Advances (2025). DOI: 10.1126/sciadv.adt4057